Bahía Salvador, Teil 4/31
In meinem Kopf ist alles Urwald und Geschrei. Da breche ich durchs Unterholz auf eine Lichtung, oder nachts zusammengerollt in einer Lehmkuhle, Blut und Kotze rundherum und fiebrige Angst hinter
den Ohren. Ein Rascheln im Gestrüpp und wie ich auffahre und schreie und weitertaumle –
Augen auf.
Jetzt bin ich ja hier. Alles gut. Die Alte wird sich kümmern. Oder: der azurne Himmel, die sanft geschwungene Strandbucht, die unterspülten Felsblöcke in der Brandung. So schön! Mango, Ananas und
Kokosnuss. Oder: Wo die freundlichen Engel in den Palmen wohnen und desnachts dem Fischer den Heimweg weisen.
Die hat auf jeden Fall Nerven. Ärmel hochgekrempelt, Kippe im Mundwinkel, fettendes, ungekämmtes Haar. Vollkommen verborstet. Gerade hier, wo alle Frauen die halbe Lebenszeit mit
Augenbrauenzupfen zubringen, macht die Alte einen auf Kröte. Schnaufend kommt sie heran, legt Löffel und Serviette auf den Tisch. Stemmt die Arme in den Speck ihrer Hüften: ein Koloss im
Abendrot.
„Gundi“, sage ich, „Sie heißen doch Gundi?“
Sie schürzt die Lippen, kneift etwas misstrauisch die Augen zusammen, hebt den Kopf.
„Also diesen Pottwal“, sage ich, „haben Sie den eigentlich gesehen?“
Sie scheint kurz zu überlegen. Dann grunzt sie, spuckt eine Fontäne in die Stauden hinter mir und zuckelt davon.
„Danke, ist nett von Ihnen“, rufe ich ihr nach. Und ich meine es so. Immerhin hat sie mir heute das Leben gerettet. Ohne das Bier wäre ich längst zusammengeklappt.
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