„Zweite“ Nachricht
…
Claudia,
Es ist später Nachmittag und ich sehe mir eine Dokumentation über ein russisches Atom-U-Boot an. Bevor es losgeht spricht der Kommandant zu seiner Mannschaft. Jeder U-Boot-Fahrer, sagt er, trägt
die Verantwortung für jeden anderen. Ich will, dass ihr euch das stets im Gedächtnis behaltet und immer auf der Hut seid. Dann gibt er den Befehl, an Bord zu gehen und die Männer begeben sich auf
ihre Stationen. Der Kommandant selbst hält sich in seiner Kajüte zwei Schildkröten. Er gibt frisches Wasser und einige Salatblätter in den Glaskasten und flüstert ein paar Worte, er lächelt. Die
Schildkröten wirken eher konsterniert. Es sind entweder Hieroglyphen- oder Gelbwangen-Schmuckschildkröten, so genau kann ich das nicht erkennen. Vorsichtshalber schreibe ich mir beide Arten
auf. Pseudemys concinna, schreibe ich, Trachemys Scripta Scripta. Als das Waffensystem sein Ziel erreicht hat, feuert die Besatzung eine einzelne Übungsrakete ab,
die achttausend Kilometer weit entfernt, irgendwo auf der Halbinsel Kamtschatka einschlägt. Der Entschluss, die Rakete zu zünden, erzählt der Kommandant, setzt eine Kette von komplizierten
Berechnungen in Gang. Alle müssen sich besonders konzentrieren damit es klappt. Die Gefahr besteht, dass die Rakete im Inneren des Schiffes explodiert. Dann wären wir verloren, murmelt er und
klopft dreimal auf Holz. Kurz vorher hat man erfahren, dass der Kapitän sehr abergläubisch ist. Er schaut noch eine Weile schweigend in die Kamera, bevor ein Alarm das Schiff erneut in die Tiefe
zwingt.