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Die Winkekatzen von Hiroshima
Nachdem die Yakuza mitbekommen hatte, dass amerikanische Soldaten und Polizisten Häuser und Läden mieden, in denen sichtbar eine weiße oder schwarze Winkekatze stand, machte sie sich dies zu Nutze. Thronte plötzlich im Fenster eine schwarze Winkekatze, war dies für die Besitzer ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass die Mafia ihnen noch eine letzte Chance eingeräumt hatte, Schutzgeld zu bezahlen, bevor sie zur Ultima Ratio griff. Eine weiße Winkekatze hingegen bedeutete, dass die Geduld der Mafia zu Ende und die Hinrichtung vollzogen worden war, als Zeichen und Mahnung für die anderen Ladenbesitzer.
Amerikanische Soldaten, die aus Japan in die USA zurückkehrten, brachten ihren Familien und Freunden Winkekatzen als Souvenir mit, aber natürlich nicht die schwarzen oder weißen, da sie diese aufgrund ihrer Erfahrung in Japan mit Tod und Trauer verbanden. Hauptsächlich waren goldene und silberne Winkekatzen die Mitbringsel. Eine ganze Generation junger Amerikaner wuchs wie selbstverständlich mit ihnen auf. Um den gesteigerten Bedarf an Winkekatzen zu erfüllen, was die traditionell manuelle Produktion an hochwertigen Winkekatzen in Japan nicht leisten konnte, tat eine in den USA begonnene Massenproduktion, was eine Massenproduktion eben tun muss, damit sie eine Massenproduktion ist: Sie machten aus einem Kulturgut einen Konsumartikel. Hatten die importierten japanischen Winkekatzen noch in privaten Kinderzimmern gestanden, fanden sie nun ihren Weg in den öffentlichen Raum. Kein japanisches Lokal in den USA konnte es sich leisten, Gäste noch ohne Winkekatzen zu begrüßen. Es begann wie immer in Kalifornien, zog sich dann über das gesamte Gebiet der Vereinigten Staaten bis hin an die Ostküste, von wo aus die Maneki Neko per Containerschiff ihre ersten Pfoten Richtung Europa ausstreckte.
Amerikanische Zeitungen berichteten übrigens bis in die 70er-Jahre hinein amüsiert darüber, dass Besucher aus Japan, die zum ersten Mal in einem japanischen Restaurant in den USA aßen und eine schwarze oder weiße Winkekatze sahen, entweder dem Besitzer des Restaurants ihr Beileid aussprachen oder ihre Sachen packten und das Restaurant fluchtartig verließen. Sie dachten wohl, das Restaurant gehöre der Mafia und sie würden schlimmstenfalls Zeugen oder gar versehentlich Opfer einer Schutzgeldhinrichtung. Darum ist es bis heute noch eine ungeschriebene Regel, dass in dortigen Restaurants ausschließlich goldene und silberne Winkekatzen zu stehen haben.
Die dreifarbige Kalikokatze mit ihren roten und schwarzen Flecken auf weißem Grund gilt in Japan traditionell als Glücksbringer. So verwundert es nicht, dass es Winkekatzen in bunter Vielfalt gibt. Eine rote Winkekatze steht für Liebe und Heirat, eine rosane für Liebe, Beziehungen und Romantik, eine goldene für Wohlstand und Reichtum; eine silberne erfüllt die Wünsche ihres Besitzers; eine grüne hilft bei Gesundheit und Erziehung; eine schwarze Winkekatze hält gesund und das Böse fern; eine weiße steht für Reinheit und positive Ereignisse. – Was aber die japanische von der euroamerikanischen Kultur unterscheidet, ist, dass in Japan nicht Schwarz, sondern Weiß als die traditionelle Farbe der Trauer gilt. War ein Todesfall in einer Familie zu beklagen, so wurde in deren Häusern oder Läden aus Respekt nur eine weiße Winkekatze aufgestellt. Alternativ konnte im Laden aber auch eine schwarze Maneki Neko zum Fernhalten böser Geister aufgestellt werden.
Vergleichbar mit anderen Organisationen wie der italienischen Mafia und den Freimaurern, nutzte auch die japanische Mafia vorhandene Symbole und Zeichen, die sie teilweise neu interpretierte und dadurch nur Eingeweihten verständlich machte. Für Außenstehende hatten diese Zeichen entweder gar keine oder eine andere, teilweise sogar eine missverständliche Bedeutung. Für ihre Tätigkeiten beispielsweise in den Vergnügungsvierteln griff die japanische Mafia auf besagte Winkekatze zurück, da diese schon ein selbstverständlicher Teil der japanischen Kultur war, aber durch ihre Farben die Möglichkeit bot, eine öffentliche und dennoch geheime Kommunikation zwischen sich und den Kunden aufzubauen.
Warum die japanische Mafia gerade Winkekatzen und nicht ein anderes farbkodiertes Symbol nutzte, ist bis heute unbekannt. Das Wesen von Verbrecher- und Geheimorganisationen ist eben voller Geheimnisse.
Gesetzt den Fall, dass sich nicht ein hysterisches Sicherheitsbedürfnis bei den Amerikanern durchgesetzt hätte – ich spreche nun wieder von Japan 1945 -, und wenn die amerikanischen Sicherheitsorgane nicht auf ein reines Bücherwissen über die japanische Kultur zurückgreifen hätten müssen, sondern man hätte intensive Befragungen mit den Internierten über ihre Kenntnisse der Kultur der ehemaligen Heimat geführt und diese auch vielleicht als Übersetzer sogar nach Japan mitgenommen, hätte dies die Situation geändert?
Was wir aber heute sicher wissen, ist, dass die japanische Mafia in Besitz des GI-Handbuchs gekommen war.
Auch wenn sich dies heute vermutlich nicht mehr genau rekonstruieren lässt, nämlich, wie das Handbuch des amerikanischen Militärs der Yakuza überhaupt in die Hände gefallen ist – mag es einem Zufall geschuldet sein, dass ein unaufmerksamer Beamter das Werk vielleicht verloren hat oder dass dieser durch die japanische Mafia bestochen worden ist – aber eins änderte sich schlagartig kurz nach Etablierung der amerikanischen Besatzungstruppen: die Farben der Winkekatzen.
Manch einer mag sich bei diesem ganzen Szenario daran erinnert fühlen, was in den Vereinigten Staaten nach dem 11. September geschah: Zivile Mitarbeiter, die arabischer Herkunft waren und beispielsweise als Übersetzer arbeiteten, wurden entlassen, gerade dann, als ein Krieg erst gegen Afghanistan und dann gegen den Irak begonnen wurde.
Wie wir alle wissen, dass sich Geschichte wiederholt, aber wissen wir das auch wirklich alle, und dann, wenn wir alle das wissen, was ist dann, wenn ein Wissender dieses Wissen ignoriert?
Nehmen wir doch einmal den Fall an, dass die japanische Mafia davon ausging, dass eine überlegene Militärmacht, die gerade die japanische Armee besiegt und Atombomben eingesetzt hatte, mit einem umfangreichen Wissen über die japanische Kultur einrückte und die einrückenden Soldaten auch dieses mit sich trugen.
5c, The temple cat: This similar story goes that a wealthy feudal lord named Ii Naotaka was taking shelter under a tree near Gōtoku-ji temple (in Setagaya, Tokyo) during a thunderstorm. The lord saw the temple priest's cat beckoning to him and followed; a moment later the tree was struck by lightning. The wealthy man became friends with the poor priest and the temple became prosperous. When the cat died, supposedly the first maneki-neko was made in his honor.
5d, The beheaded cat: A young woman named Usugumo, living in Yoshiwara in eastern Tokyo, had a cat, much beloved by her. One day, she had a visit from her friend, a swordsman. The cat suddenly went frantic, clawing at the woman's kimono persistently. Thinking the cat was attacking her, the swordsman severed the head of the cat, which flew through the air, then lodged its teeth into and killed a venomous snake on the support boards above, where it had been waiting to strike the woman. After the incident, Usugumo was devastated by the death of her companion, and would neither eat nor sleep. The swordsman felt guilty for what he had done and sad for the woman. He went to a woodcarver, who was called "the best in the land", who made him a carving of the cat, a paw raised in greeting. This cat image then became popular as the maneki-neko. When he gave the carving to her, she was overjoyed and lived her life again instead of suffering. A variant has the woman as a geisha, the swordsman replaced with her okiya's (geisha house's) owner, and the wooden cat made by a client of the courtesan lady.
5e, The old woman's cat: An old woman, living in Imado in eastern Tokyo, was forced to sell her cat due to extreme poverty. Soon afterwards the cat appeared to her in a dream. The cat told her to make its image in clay. She did as instructed, and soon afterward sold the statue. She then made more, and people bought them as well. These maneki-neko were so popular she soon became prosperous and wealthy. (...)
5a, The stray cat and the shop: The operator of an impoverished shop (or inn, tavern, temple, etc.) takes in a starving, stray cat despite barely having enough to feed himself. In gratitude, the cat takes up a station outside the establishment and beckons in new visitors, bringing prosperity as a reward to the charitable proprietor. Ever after, the "beckoning cat" has been a symbol of good luck for small business owners.
5b, The nobleman-warning cat: One day a luminary passed by a cat, which seemed to wave to him. Taking the cat's motion as a sign, the nobleman paused and went to it. Diverted from his journey, he realized that he had avoided a trap that had been laid for him just ahead. Since that time, cats have been considered wise and lucky spirits. Many Japanese shrines and homes include the figurine of a cat with one paw upraised as if waving, hence the origin of maneki-neko, often referred to as kami-neko in reference to the cat's kami or spirit. Depending on version, the story may cast the nobleman as one of various Japanese emperors, as well as historical characters such as Oda Nobunaga and the samurai Ii Naotaka.
Während die amerikanische Besatzungsverwaltung in Deutschland auf Emigranten, die vor den Nazis in die USA geflohen waren und nun in ihre Heimat zurückkehrten, und auch auf eine Beamtenschaft, die teilweise noch im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und unter Hitler ihren Dienst verrichtet hatte, zurückgriff, wenn sich sprachliche, kulturelle oder administrative Differenzen auftaten, stießen die amerikanischen Militärpolizisten, die mit dem Auftrag nach der bedingungslosen Kapitulation nach Japan gekommen waren, ein Mindestmaß an öffentlicher Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten, schnell an die Grenzen selbst einer überlegenen Militärmacht: Nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor hatte die amerikanische Armee Soldaten, die japanischer Abstammung waren, aus dem Dienst entlassen und zusammen mit Zivilisten in Lagern interniert. Hatten sich die amerikanischen Geheimdienste während des Zweiten Weltkrieges vorrangig für das persönliche Verhältnis der Internierten oder für die politischen Ansichten zu Japan interessiert, mussten sie so schnell wie möglich für die Militärpolizisten eine Art kulturellen Leitfaden für den Umgang mit den Besiegten erarbeiten.
Vergleichbar, solange es nicht aus objektiven und subjektiven Gründen per se ausgeschlossen, was ja im Grunde auch nicht falsch ist, denn welche Erfahrung hat man denn schon mit Brandwunden, wenn das Schlimmste, das einem bisher passiert ist, eine verbrannte Zigarette auf der Haut ist, oder im Allgemeinen mit Hitze, wie ein kaum kochendes Wasser abbekommen zu haben, wie es sich anfühlt, wenn man bei tausenden Grad zu Staub zerfällt oder langsam bei lebendigem Leib gekocht wird. (übrigens die übliche Hinrichtungsmethode in England unter Heinrich VIII. - ironischerweise ist einer der ersten dokumentierten Fälle, dass der Koch eines Bischofs bei lebendigem Leib gekocht wurde, weil er seinem Arbeitgeber und einem anderen Bischof vergiftetes Essen serviert hatte, aber seinen Töchtern versicherte, dass ihr Tod schnell und schmerzlos abgelaufen sei.
Heute kann man mit exakt naturwissenschaftlichen Methoden nachvollziehen, dass sein Tod sich bis zu 20 Minuten hingezogen hat.)
Jedenfalls, als ich mit einer Winkekatze, der ehrlichkeitshalber war das eigentlich ein Tongebilde mit dem Kopf einer Sau und dem charakteristischen Bauch Buddhas, aber ebenso mit der charakteristischen zum Winken erhobenen und bereiten Pfote der Katze - beim Schwein heisst es Spitzbein und beim Menschen Hand - im Rucksack in das Berliner Holocaust-Mahnmal kam, früh morgens, denn für einen Unbekannten wie mich ist es unmöglich, eine Drehgenehmigung an diesem emotional aufgeladenem Ort zu bekommen, leider waren die Lichtverhältnisse aber nicht so, wie man sich es dramatischerweise gewünscht hätte. Dramatisch wurde es erst, als ich meine sieben Sachen, die Winkekatzenbuddhasau eigentlich , zusammenpacken wollte, aber sie zerstörte, zwar nicht in 1000 Teile, aber doch in genug, dass ich den restlichen Tag damit verbrachte, sie mit Tesafilm und Sekundenkleber so gut ich es konnte zu rekonstruieren.
Gedreht wurde dann schlussendlich am selben Tag in der Nacht.
Es scheint alles wie aus einer weit entfernt zurückliegenden – eine bewegte Seele könnte es märchenhaft verschwommen taufen – Zeit zu sein, als amerikanische Truppen zum ersten Mal in den Vergnügungsvierteln Tokios Winkekatzen sahen. Welch Gegensatz zu dem Anblick der zu einem Brei aus Menschenhautskelettresten und intakten Wnkekatzen verschmolzenen in Hiroshima, den die japanische Ersthilfskräfte hatten!
Unstrittig ist, selbst bei denjenigen, die hinter allem dunkle Mächte die Fäden ziehen sehen, dass amerikanische Truppen 1945 Japan besetzten; der Rest der Geschichte mit ihren Geschichtchen ist, kann, wird und muss wohl Missverständnis, Zufall, ungeprüfte Halb- und glatte Unwahrheit sein. Denn was weiss man auch schon neben den offiziellen Verlautbarungen der Sieger?
Verbürgt hingegen ist aber, wie die japanische Mafia – ein gesundes Misstrauen ist aber auch hier angebracht und nicht falsch, denn welcher Geheimbund, zumal wenn es sich um einen verbrecherischen handelt, spielt schon mit offenen Karten oder lässt sich gerne in diese blicken – wie die japanische Mafia den Weg ebnete zu ihrer weltweiten Verbreitung.
Ins Reich der Legenden gehören wohl Aussagen, nicht die Aussagen selbst, nein, diese sind im Original dokumentiert und zum Nachlesen erhalten und auch die Verfasser sind unzweifelhaften Rufs, der Inhalt vielmehr; – die Psychologie kennt andere Beispiele und Fälle, wo Menschen, die das Grauen mit eigenen Augen gesehen haben und auch beschwörten bei allem, was ihnen heilig ist, dass es so und nicht anders war – eben als japanische Ärzte nach der Atombombenexplosion in Hiroshima ins Zentrum, oder vielmehr in das, was von ihm übrig geblieben war, der ausradierten Stadt, vorgedrungen waren, bis zur Unkenntlichkeit verbrannte zusammengeschnürt auf die Grösse eines Kindes – und der Japaner ist ja schon von Natur kein Riese, zumal 1945 nach entbehrungsreicher Krisenzeit – Leichen vorgefunden hatten, die, wie damals in Pompeij, als der Ascheregen des Vesuvs 79 vor Christus die Metropole auslöschte, sich schützend übereinander geworfen hatten, und, nachdem sie die in einander verschmolzenen Skelette getrennt hatten, ganz unten, intakte Winkekatzen gefunden hatten.